Wasserbiker auf dem Rhein: Zwei Hydrobikes wurden zu einem Tandem
zusammengesetzt, damit der Begleiter Platz hat. Bei der Versuchsfahrt
in Laufenburg spürten Blinde und sehende Wasserfahrer die
Strömung und den Wind besonders intensiv.
Sehbehinderte auf Wasservelos |
Mit neuartigen Wasserbikes wollen Blinde und sehbehinderte Tandemfahrer ein Zeichen setzen: Ende Juni fahren sieben Teams von Basel bis nach Stein am Rhein und machen den ersten Etappenhalt in Laufenburg.
HANS LÜTHI
Das Fahren gegen den Strom ist symbolisch und buchstäblich zu nehmen. «Wir wollen ein Zeichen setzen gegen die Mut- und Ideenlosigkeit der Zeit», sagt Projektleiter Jürg Krebs vom Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband. Unsere Gesellschaft sitze wie gefangen in einem grossen Wartesaal und hoffe auf sich automatisch öffnende Türen. Der Glaube an Aufbruch und Aufschwung gehe immer mehr verloren. Man gewöhne sich an Arbeitslosenzahlen, Überschuldung der Sozialversicherungen und die Folgen der Rezession. Als Demonstration gegen die herrschende Resignation und Verzagtheit treten die Blinden mit der ungewöhnlichen Wasserfahrt an: Sie starten mit einer Art schwimmenden Renntandems am Morgen des 26. Juni mitten in Basel und kämpfen dann gegen den Fluss an. Auf den sieben aus Amerika importierten Wasservelos sitzen je ein Blinder oder stark Sehbehinderter und ein Begleiter. Zum Kennenlernen der ungewöhnlichen Sportgeräte gab es Versuchsfahrten in Laufenburg, bei denen die Fahrer ihre Velos zuerst an Land abtasteten, um dann die Fahrt auf den Wellen zu üben.
«Für die Blinden sind die ganz anderen Geräusche ungewohnt, für die Sehenden die Langsamkeit der Bewegung. Es braucht eine starke psychische Kraft und Ausdauer, mit elf Kilometern pro Stunde oder nur sechs gemessen am Ufer voranzukommen. Als Wasserbiker glaubt man immer, man stehe still, denn allein bis zur nächsten Flussbiegung muss der Velofahrer oft eine Stunde lang in die Pedalen treten», schildert Jürg Krebs seine Wasser-Erfahrungen. Zur Erleichterung - auch bei Gegenwind - wurden gelbe Triathlon-Lenker montiert und der 46er Zahnkranz vorne durch einen 34er Kranz ersetzt. «Das erlaubt eine Tretkadenz von 70 Umdrehungen pro Minute», meint er zu den für Rennvelofans interessanten Details. An der Versuchsfahrt hatten jedenfalls alle ihren Plausch. Die Fahrer sind keineswegs Veloneulinge, nur das Element unter den fehlenden Rädern ist neu.
In den letzten Jahren haben die Tandems jeweils die Tour de Suisse begleitet, um damit auf sympathische Art für die Anliegen der Behinderten zu werben. Importiert werden die Wasservelos aus Amerika, durch den jungen Aarauer Unternehmer Daniel Hauri, der bisher in der Schweiz etwa 20 solche Wasserfahrzeuge vor allem für den Einsatz auf Seen verkauft hat. «Bewilligungen sind für das neue Fahrzeug nicht nötig, aber weil es als Badegerät gilt, muss es im Uferbereich von 150 bis 300 Metern - je nach See - bleiben, sagt Hauri, der beim Bund um eine Lockerung nachsucht.
Gemäss einer alten Indianerweisheit «schwimmt nur mit dem Strom, was nicht mehr lebt». Dies schreibt Jacqueline Fendt, Präsidentin der Generaldirektion Expo 2001, die das Patronat für den Anlass übernommen hat. Für einen freundlichen Empfang am Abend des 26. Juni in Laufenburg ist vorgesorgt: Nach der Festerei auf «seinem» Bahnhof freut sich Stadtammann Rudolf Lüscher auf die Hydrobiker, die man auf dem Rhein von weither schon sehen werde. Weil der Landeplatz gleich neben dem Schwimmbad liegt, rechnet er mit einer grösseren Besucherschar. Die Ausstellung «vom Geistesblitz zum Weltpatent» des Laufenburger Museumsvereins passe ausgezeichnet zum Thema der Aktion. Den schwimmenden Velofahrern ist zu wünschen, dass Mut und Zuversicht ansteckend wirken und sich wellenförmig ausbreiten.